Freitag, 31. Juli 2009

SA, Tag 005: Sao Sebastiao - Guaruja



30. Juli 2009, Guaruja - Brasilien, km 00’542
In Sao Sebastiao haben wir, wenn wir mal vom schlechten Wetter absehen, eine gute Zeit verbracht. Vielleicht liegt das am Ruhetag. Bike putzen und in Ordnung bringen, Wäsche aufgeben und wieder abholen, Internet suchen und letzte Neuigkeiten nach Hause schicken, Haushalt putzen und Gepäck neu organisieren, das sind die wichtigen Sachen, die ich hier erledige. Daneben habe ich auch Zeit, die Stadt anzusehen und kennen zu lernen. Das Essen hier ist einfach fantastisch. In jeder „Beiz“ findet man das köstliche Essen. In Sao Sebastiao habe ich sogar Ross gegessen. Aber heute morgen war fertig lustig und wir sind alle wieder auf unser Bike gesessen. Die paar cm2 haben sich zwar etwas erholt, aber sie schmerzen immer noch. Und da es zudem noch den ganzen Tag regnet, weichen sie sich auf und gehen nicht vergessen. Aber dafür gibt es ja den Wiegetritt. Noch nie bin ich so viel im Wiegetritt gefahren. Und das nicht nur wegen meinem Hintern, sondern auch wegen der Strasse. Die steilsten Strassen haben wir hinter uns. Ich habe es auch nicht glauben wollen, aber ich bin sie gefahren, und ich bin überzeugt, steiler ist nicht mehr möglich, zumindest für einen Highway nicht. Einzelne stürzen bereits in den Steigungen, weil sie keine Adhäsion finden, andere in den Abfahrten. Überhaupt sind Stürze an der Tagesordnung, aber bisher habe ich Glück gehabt. Wenn ich den anderen aber zusehe, so spielt die Erfahrung vielleicht auch eine Rolle. Man muss halt aufpassen und wie beim Motorrad für die anderen mitdenken … und eben auch etwas Glück haben. Heute habe ich richtig die Winter-Stimmung gespürt. Regen, Dunkelheit, Kälte, alles wie an Weihnachten.

Donnerstag, 30. Juli 2009

SA, Tag 001-004: Rio - Sao Sebastiao


29. Juli 2009, Sao Sebastiao - Brasilien, km 00’418
Endlich unterwegs, und zwar richtig. Jetzt kann ich endlich aus dem vollen schöpfen. Wir verlassen Rio am Sonntag morgen. Kein Mensch auf den Strassen, sonst wäre es wohl lebensgefährlich. Die ersten km fahren wir im Convoy, und alle wollen vorne wegfahren (wir brennen alle darauf, endlich loszulegen). Nach 35 langweiligen weil sehr langsamen Convoy-km geht’s dann richtig los, und wer das männliche Geschlecht kennt, kann sich vorstellen, was abgeht. Ein Rennen auf Leben und Tod. Schliesslich kommen Sandra und ich als erste nach 108 km in Mangaratiba an. Damit haben wir schon mal ein Zeichen gesetzt. Ab sofort bin ich unter den ehrgeizigen derjenige, den es zu schlagen gilt (Sandra fällt weg, da sie gesundheitlich angeschlagen ist). Die Unterkunft ist sehr einfach, aber ok und eigentlich voller Charme, wenn man vom ganzen Schmuddel absieht. Den Abend kann ich gar nicht so geniessen, denn unterwegs ist mir der Freilauf gebrochen. Immer wieder bin ich ins leere getreten. Zum Glück ersetzt mir Duncan, unser Mechaniker, den Freilauf, was mit seinem einfachen Standardwerkzeug gar nicht so einfach ist. Aber am Schluss gelingt es ihm tatsächlich, die 100’000 Teile zu einem Rad zusammenzusetzen. Aus Dankbarkeit küsse ich ihn (aber nur virtuell). Am nächsten Tag geht’s gleich früh morgens um 7:00h los. Ich erreiche Palaty nach 148km als erster, diesmal solo. Die beiden jungen ehrgeizigen (Flachland-) Engländer sind überzeugt, dass ich fliegen kann. Für viele stellt diese Distanz einen persönlichen Distanz-Rekord dar. Wie gross ist das Erstaunen darüber, dass der dritte Tag über 159km geht. Viele (ältere) verzichten auf die gesamte Fahrt und benutzen die Begleitfahrzeuge. Damit haben wir in den ersten drei Tagen mehr als 400km zurückgelegt. Der erste Ruhetag ist wirklich willkommen, denn auch mir brennen die wenigen cm2 Haut, auf der ich stundenlang sitzen muss! Am dritten Tag fahre ich mit Dirk, einem netten Holländer (Oxymoron oder Pleonasmus?). Wir verstehen uns überhaupt sehr gut und machen vieles gemeinsam (er sitzt neben mir und schreibt wie ich seinen Blog, ahnt keine Sekunde, dass ich über ihn schreibe). Hier ist es wichtig, eine vertrauenswürdige Bezugsperson zu haben, denn man geht sehr schnell vergessen oder gar verloren. Zudem spricht er portugiesisch, was das Leben hier sehr erleichtert. Ja die Sprachen. Ich bringe langsam alles durcheinander. English als Grundsprache, Portugiesisch mit den Einheimischen, Deutsch mit Herbert und Sandra, Französisch mit Max und ab Buenos Aires kommt dann noch Spanisch dazu. Wie war das mit dem Turm?

Sonntag, 26. Juli 2009

SA: Rio


24. Juli 2009, Rio de Janeiro - Brasilien, km 00’000

Um ehrlich zu sein, ich hatte mich Rio doch etwas anders vorgestellt. Schöne Mädchen, Musik überall, Sonne, Strand und Samba. Aber in Rio ist Winter, tiefster Winter. Das sieht man den Bäumen an, weil diese keine Blätter tragen. Und manchen Leuten sieht man es auch an, weil sie dicke Pullover tragen. Andere laufen im T-Shirt rum. Sie trotzen dem Winter, was hier nicht sonderlich schwer fällt, bei 24°C! Und wie bei uns im Winter, so regnet es auch hier. Dauernd. Genauso trostlos wie bei uns, aber ohne Schnee. Trotzdem sind die Leute sehr freundlich und fröhlich, sehr charmant, mit etwas stolz vermischt. Insgesamt sehr angenehm. Ich wohne in einem vornehmen Hotel, habe das beste Zimmer mit einer tollen Aussicht direkt auf die Copacabana (siehe Foto). Nach und nach lerne ich meine Leidensgenossen, aber auch die Stadt und deren Einwohner kennen. Grundsätzlich gibt es Dinge, die in Rio gleich sind wie bei uns, zB das Fernsehprogramm, genau dieselben Sendungen (Musikstar, Big Brother etc) oder die Melonen, die hier Papaja heissen und auch in Schnitze gegessen werden. Wenn man die Schale vor dem Essen wegschneidet, sind sie ganz lecker. Mit Schale sind sie aber sehr bitter (glaubt mir, ich habe es versucht, wenn auch ganz unfreiwillig, denn ich hatte ganz einfach nicht bemerkt, dass sie noch dran ist). Oder die Kirschen. Sie sind saugut und noch viel teurer als bei uns, dafür garantier gespritzt. Und dann gibt es Dinge, die sind hier komplett anders, wie zum Beispiel die Fahrräder. Die gibt es in Rio auch, aber nur für den Warentransport wie zB für Matratzen, und die quer zur Fahrrichtung. So langsam gewöhne ich mich an die neue Umgebung und an die vielen fremden Sprachen, insbesondere an die vielen Englisch-Sprechenden, die doch so gerne vor sich her nuscheln und keine Sekunde daran denken, deutlich zu sprechen. Gut für mich, wenn ich’s irgendwann kapiert habe.

Samstag, 25. Juli 2009

SA: Endlich in Rio

23. Juli 2009, Rio de Janeiro - Brasilien, km 00’000

Der Aufenthalt in Amsterdam ist nur kurz. Das Handgepäck neu sicherheitsprüfen lassen, und weiter geht’s nach Sao Paulo. Mein Sitznachbar ist ein junger aufgeschlossener Holländer, der für Sony arbeitet. Er kennt alle heutigen Stars, für die er Verträge aushandelt. Leider muss ich bei allen passen. Sie sind mir alle völlig unbekannt. Als ich mit ihm über meine Favoriten spreche, muss auch er passen. Led Zeppelin kann er nicht von den Beatles unterscheiden! Hoffnungslos, aber wir lachen beide herzhaft darüber. Die 12 Stunden Flugzeit sind kurzweilig und eigentlich bin ich überrascht, wie gut ich den Flug überstehe, sogar mein Rücken ist ok. In Sao Paulo kommt es mir vor, als sei ich auf dem Mond gelandet. Alle tragen einen Mundschutz, so richtig lässig, mit herunterhängenden Bändeln. Nützt nichts, aber jeder kommt sich grossartig vor! Nach einer R I E S I G E N Schlange komme ich zum Gesundheitscheck. 100'000 Fragen über husten, keuchen und dergleichen werden meinerseits stereotyp mit „NO“ beantwortet, was mich schlussendlich den Weg zur Passkontrolle frei macht. Diesmals sind die Fragen etwas heimtückischer, und so streue ich immer wieder ein überzeugendes „Yes“ ein, was die Zöllnerin offenbar von meiner nicht kriminellen Absicht überzeugt. Weiter zum Gepäckband und zum Warenzoll. Mit meiner riesigen Bike-Kiste falle ich natürlich sofort auf und muss durch das Tor für die Sonderfälle. Dort nimmt sich ein junger „Schnösel“ meiner an und verurteilt mich zum Box-Öffnen. Bestimmt bildet er sich ein, dass er damit beim Chef Punkte machen wird. Wir warten also auf seinen Chef, da nur er ein geschmuggeltes Bike erkennen kann. Dieser lässt lange auf sich warten, aber irgendwann läuft er halt doch zufällig vorbei, wirft einen müden Blick in die Kiste und erkundigt sich bei einer ebenso zufällig vorbeilaufenden Zöllnerin, ob Brasilien neuerdings Zoll auf importierte Bikes erhebt. Sie zuckt die Schultern, er zuckt die Schultern und fragt den nächsten. Zum meinem grössten Glück sagt dieser das richtige und ich darf meine Kiste wieder zumachen. Aber wie zukleben? Freundlich frage ich eine Zöllnerin, ob ich ihr Klebeband haben darf. Widerwillig sagt sie zu, aber auf dem Band sind nur noch wenige cm. Und zudem ist der Anfang des Bandes nicht zu finden. Nachdem ich minutenlang mit dem Fingernagel über das Band fahre und endlich den Anfang finde, schliesse ich mit den wenigen verbleibenden cm die Kiste mehr schlecht als recht zu, schmeisse alles auf meinen Wagen und renne aus dem Zoll raus. Die 2 Stunden Aufenthalt sind schon bald vorbei, und ich muss noch einchecken. Der Flughafen von Sao Paulo ist riesig. Zu guter letzt finde ich den TAM-Schalter, der aber mit einer RRRIIIEEESSSIIIGGGEEENNN Schlage besetzt ist. Aus lauter Panik frage ich eine herumstehend Hostess, ob das der richtige Schalter sei. Und dann, oh Wunder, begleitet sie mich zu einem Geheimschalter, wo alles plötzlich sehr schnell geht. Sogar meine Box wird von einem freundlichen Mitarbeiter zugeklebt und weggefahren. Wenige Minuten später bin ich im Flugzeug und fliege die letzte Station Rio an. Dort angekommen, erkennt einer der unzähligen Taxifahrer, dass ich ein grosses Taxi brauche und bietet sich sofort an, mich in die Stadt zu fahren. Die Fahrt verläuft ruhig und schnell, das Receptionist im Hotel kann sich sogar daran erinnern, dass ich mal ein Zimmer gebucht habe und kurz darauf liege ich im Bett und schlafe nach einem aufregenden Tag schnell ein.

Freitag, 24. Juli 2009

SA: Der Abflug

23. Juli 2009, Basel - Schweiz, km 00’000

Wir haben den 23. Juli, es ist 4.00h! Aufstehen und ab auf den Flughafen. Barbara begleitet mich, noch etwas verschlafen. Der Flughafen ist von weit her sichtbar, hell erleuchtet. Wir begeben uns sofort zum Air France Schalter, der noch geschlossen ist. Erstmals macht sich bei mir die Nervosität bemerkbar. Und die ist nicht ganz unbegründet. Bereits beim Check-in fangen die ersten Probleme an. Die Boarding-Cards gibt es nur bis Sao Paulo, das Gepäck aber geht bis Rio. Ich muss also in Sao Paulo das Gepäck wieder in Empfang nehmen, durch den Zoll gehen, neu einchecken und das Gepäck neu aufgeben, obschon ich die Papiere bis nach Rio habe. Das will gut erklärt werden, und das alles auf portugisisch. Das gibt Probleme, das spüre ich jetzt schon. Das Gewicht der Gepäckstücke ist ok, aber die Bike-box kostet trotz meiner Widerrede halt doch 150 Euro, sofort in Euro bezahlbar! Zum Glück habe ich meine Materkarte dabei. Zu guter Letzt muss ich noch mein Bike an einem speziellen Schalter abgebeben. Den X-Ray-Test bestehe ich nicht, meine Kartuschen in der Satteltasche werden entdeckt, ich muss also meine schön verpackte Box aufmachen und den Weg zur Satteltasche freimachen und alles schön wieder zupacken. Uff, endlich ist alles ok. Leider reicht es nur noch zu einem kurzen Abschied von Barbara, die das Ganze ruhig beobachtet hat. In wenigen Minuten hebt mein Flugzeug pünktlich um 06.20h nach Amsterdam ab. Und ich und mein Gepäck sind mit dabei.

Donnerstag, 23. Juli 2009

SA: Vorbereitungen


22. Juli 2009, Therwil - Schweiz, km 00’000

Ich habe es mir einfach gemacht und habe mich zu einer organisierten Tour angemeldet. Zum Glück, denn auch so bleibt noch genug zu tun. Z.B. die Impfungen (wurde ca. 12 mal gestochen) oder noch besser die Transporttaschen: zum Fliegen sind 2 Gepäckstücke + 1 Handgepäck erlaubt. Das Bike muss also als Sondergepäck mit, schön eingepackt in einer soliden Karton-Kiste, Pneus ohne Luft, Pedale nach innen, Lenker abgedreht, Wechsler schön geschützt, max. soundso hoch, soundso breit und soundso lang. Nich schwerer als 23kg etc. etc. etc. Dafür packe ich grosszügig weiteres mit ein. Meine Rennschuhe, meinen Helm und noch vieles vieles mehr. Der freie Raum soll optimal genutzt werden. Zum Glück habe ich Martin’s grosszügige Velo-Kiste (besten Dank, Martin!!!) Sicherheitshalber rufe ich noch vorher die Fluggesellschaft an, melde mein Bike an und frage nach dem Preis (80 Euro, was ich für absolut angemessen halte). Auf der Bike-Tour brauche ich aber 3 Gepäckstücke, was nichts anderes heisst, als dass ich das 3. Stück für den Flug verschwinden lassen muss. Ich reise also mit einem kompletten Zelt im Handgebäck und zum bersten gefüllte Reisetaschen. Was nehme ich mit? Das ist ganz einfach, zuerst das notwendigste (Ersatzteile, Zelt, Schlafsack und -unterlage, Natel, Mini-PC, 5 Garnituren Bike-Kleider, zusätzlich warme Bike-Kleider für das Gebirge, Waschzeug, Badehose, Fotoapparat, Flugbillet und Pass usw.). Zum Schluss bleibt noch ein klein bisschen Platz für Kleider und Unterwäsche. Was soll’s, wir werden wohl kaum in die Oper gehen. Das Minimum muss reichen. Dann muss ich noch Geld mitnehmen: SFr, Euro, REAIS, US$, Mastercard, Versicherungen abschliessen (Haftpflicht im Ausland, Reiseversicherung, Unfallversicherung etc) Job-Kündigen und Arbeitsplatz räumen, Haus aufräumen, Abschiedsfest, mich über Südamerikanische Kultur schlau machen (welche Sprache, welche Währung, welche Steckdosen, Visapflicht?). Irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft. Alles ist gepackt, und es scheint, als hätte ich alles dabei. Gerne hätte ich noch ein paar Tage mehr Vorbereitungszeit gehabt. Bestimmt hat sich Barbara, meine Lebenspartnerin, das Ganze etwas gemütlicher vorgestellt. Zum Glück hilft sie tatkräftig mit, so dass wir am letzten Vorabend noch gemütlich das Basler Tattoo besuchen können. Und für ein letztes Bier mit Philipp und Barbara in der Steinenvorstadt habe ich auch noch Zeit.. Es bleiben ja nur noch die allerletzten Vorbereitungen, die ich jetzt soeben abgeschlossen habe. Alles liegt reisefertig im Auto und das wichtigste ist erledigt. Wir haben bereits den 23. Juli, es ist 3.00h!

Mittwoch, 22. Juli 2009

SA: Der Vorsatz



Im Juli 2009, Therwil - Schweiz, km 00’000

Irgendwann, und das ist noch gar nicht so lange her, so ca. im Februar oder März 2009, habe ich mir vorgenommen, unsere Erde zu erkunden. Als erfahrener Biker mit masochistischen Zügen (sprich je länger die Fahrt, desto besser gefällt es mir), liegt es auf der Hand, das alte Fahrrad auszustauben und sich auf den Weg zu machen.
Ab 50 wird man bequem und anspruchsvoll. Deshalb habe ich mich entschieden, eine „Warmwasser-Tour“ zu machen, d.h. mich einer begleitenden Tour anzuschliessen, so etwa wie Baumeler für die Wanderer. In Kanada gibt es so was. Es heisst Tourdafrique (www.tourdafrique.com) und bietet genau das richtige an. Das macht vieles einfacher. Und wenn man etwas von der Erde sehen will, so braucht man nur die 3 Touren Vuelta Sudamericana, Tourdafrique und Silk tour zusammenzuhängen, et voila, schon hat man seine 36'000 km zusammen. Alles klar? Ach ja, da war ja noch die Frage nach der Zeit und nach dem Geld. Ganz einfach! Ich habe meinen Job gekündigt (die ganze Tour dürfte ca. 18 Monate dauern) und meine letzten Ersparnisse zusammengekratzt.