Sonntag, 23. Januar 2011
IA, Eintrag 2: Delhi
Eintrag 2: 22. Januar 2011, Delhi, Indien, km 0’000
Delhi hat eine ganz interessante Geschichte, die ich hier nicht ausführen kann, aber ich empfehle jedem, der sich für fremde Länder interessiert, die Geschichte mal nachzulesen. Auf jeden Fall gibt es hier zwei Delhi, nämlich Old-Delhi und New-Delhi. Die alte Stadt ist wirklich alt, total verwinkelt, eng und dunkel. Alles ist voll mit Läden und Buden, alles Mikro. X-Tausende Leute sind hier und wollen dir etwas verkaufen. Irgendetwas, egal was!
Und dann gibt es das New-Delhi, das anfangs des 20. Jahrhundert von den Engländern grosszügig geplant und gebaut wurde. Was für Gegensätze!
Überhaupt ist Indien ein Land der Gegensätze. Armut und Reichtum sind hier unheimlich nahe beieinander. In der Nähe des Lotus-Tempels, das stark an die Oper von Sydney erinnert, komme ich erstmals so richtig in Kontakt mit armen Leuten. Ausser Staub, Schmutz und viel Unrat gibt es hier nichts. Gerne wüsste ich, was die Leute hier den ganzen Tag treiben.
Eigentlich fühlt man sich hier in der Stadt sicher. Die Leute sind extrem friedlich, nirgends sieht man Aggressivität, alles geht ruhig aneinander vorbei. Sogar in der Metro, die ich ausgiebig benutze, hört man im Gedränge kein böses Wort, obschon dazu Anlass genug da wäre, denn am Zugeingang ist es wirklich sehr sehr eng, speziell in der rush hour, wenn 500 Leute gleichzeitig einsteigen wollen. Hier gibt es speziell für die Frauen reservierte Wagen. Und an jedem Metro-Eingang, das in der rush hour durch Riesenschlangen besetzt ist, müssen die Passagiere durch ein Tor, wie beim Flughafen. Bei jedem piepst es in allen Tönen, aber keiner kümmert sich darum. Grundsätzlich gibt es ohnehin eine Leibesvisitation. Aber auch die ist nur sehr oberflächlich. Die Handtaschen und Rucksäcke werden ausnahmslos gescannt. Das Militär ist hier allgegenwärtig, hinter Sandsäcken verschanzt und Gewehr im Anschlag!
Ich besuche viele Sehenswürdigkeiten, aber eigentlich interessieren mich die Leute mehr. Der Einfluss der Briten ist nicht zu übersehen, immer sehr höflich und respektvoll. Mit der Befreiung Indiens in den 40ern sind auch alle Briten wieder verschwunden. Nirgends sieht man Briten, höchstens als Touristen.
Natürlich sieht man mir sofort an, dass ich ein Tourist bin. Bisher habe ich noch nicht herausgefunden, wie ich mich tarnen könnte. Und als Tourist hat man es im Zentrum Delhis wirklich schwer. Regelmässig wird man „spontan“ angesprochen (auf den ersten Blick glaubt man wirklich daran, dass man spontan angesprochen wurde) und auf irgendein Touristikbüro geführt. Dort will man mir jedes Mal eine Reise oder sonst was verkaufen. Bis ich sage, dass ich mit dem Bike unterwegs bin. Da bricht das Gespräch meist abrupt ab, denn diese Inder wissen, dass es bei mir nichts abzuholen gibt. Mit der Zeit erkenne ich die „Lotsen“ und falle nicht mehr auf ihre Tricks mehr rein, obschon sie manchmal raffiniert vorgehen.
Delhi ist eigentlich keine Stadt, sondern eine Ansammlung von vielen Riesendörfern. Überall gibt es alles, so dass alle Quartiere unabhängig sind. Es gibt keine Vernetzung wie in unseren Städten. Viele Parks und Grünanlagen. Zum Glück, denn die Inder pissen gerne überall hin, es ist schauderhaft. Aber auch ohne Grünanlagen sieht man sie nach vorne gebückt dastehen. Jede Wand und jeder Baum ist gut genug, egal wo sie stehen. Und in der Not brünselt man auch auf offener Strasse.
Bei Gelegenheit kaufe ich mir in einem offiziell aussehenden Vodafon-Laden eine SIM-Karte, die aber nicht funktionieren will. Offenbar muss man auch hier vorsichtig sein. Schade, weniger ums Geld (15 Rupies=3 x nichts) als vielmehr um die Stunde, in der ich die vielen Formulare ausfüllen musste. Zur Info: In Indien braucht es für den Kauf einer lausigen SIM-Karte einen gültigen Pass inkl. Visum, ein Foto, Hoteladresse und eine handschriftliche Bestätigung vom Hotel, dass man auch wirklich dort wohnt. Dann füllt man Formulare aus mit Fragen wie „Vorname des Vaters“ oder „Geburtsort der Mutter“ etc. aus. Nimmt mich ja wunder, ob sie in Indien wissen, wo Bougon liegt.
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