Mittwoch, 26. Januar 2011

IA, Eintrag 3: Delhi-Agra



Eintrag 3: 25. Januar 2011, Agra, Indien, km 0’224

Und schon wieder Linksverkehr!!! Da denkt man als Zentraleuropäer doch, dass die Engländer die einzigen sind, die auf der falschen Seite fahren. Dabei fährt die halbe Welt links. Aber langsam bin ich mir es gewohnt, NICHT zu wissen, wo jetzt die richtige Seite ist. Zur Sicherheit schaue ich in alle Richtungen. Hier ist es eh egal, Links- oder Rechtsverkehr, Hauptsache, es ist genug Platz da zum fahren. Es ist erstaunlich. Die Schweizer sollen ja für ihre Präzision bekannt sein, aber eigentlich sind die Inder noch viel präziser und werden weltweit massiv unterschätzt. Die fahren sogar dort durch, wo längst kein Platz mehr ist. Wie sie das machen, bleibt ihr Geheimnis. Sicher ist nur, dass man dabei ausgiebig seine Hupe benutzen muss. Und zwar nicht nur für ein kurzes „Tüt“, sondern für einen ewig andauernden „TÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜ“. Der Lärm ist ohrenbetäubend, im ursprünglichsten Sinn des Wortes.
Wir flüchten aus Delhi. Um dem Verkehre zu entgehen, fahren wir sonntags um 8.00h raus. Den Fluchtweg haben wir vorsichtig mit dem Hotelbesitzer diskutiert, nichts kann mehr schief gehen. Wir folgen also dem vereinbarten Weg bis zur Hauptstrasse. Tatsächlich hat es nur wenig Verkehr. Nach einer Viertelstunde erreichen wir die grosse Strasse, die uns aus Delhi führen soll. Jetzt gibt es nur noch ein kleines, unvorhergesehenes Problem. Die Strasse ist eine Autobahn und in der Mitte ist eine Insel. Mit unserem Gepäck unüberwindbar! Wir müssen einen anderen Weg finden und prompt sind wir in dieser Stadt verloren. Das geht unheimlich schnell hier, denn überall sieht es gleich aus. Jede Strasse, jede Ecke, jede Hauszeile. Sogar Einheimische sollen sich hier verirren. Strassenschilder gibt es hier nicht, und wenn man die Leute nach dem Weg fragt, haben sie keine Ahnung, welche Strasse wohin führt. Wir fahren also wieder zurück, weil wir nicht noch mehr verloren gehen wollen und so kommt es, dass wir um 10.00h wieder dort sind, wo wir gestartet sind, aber ein paar Erfahrungen reicher.
Wir ändern unsere Strategie, wohl wissend, dass wir diesmal von links auf die Autobahn auftreffen müssen, und diesmal klappt es auf Anhieb. Wir lassen uns mit dem immer heftig werdenden Verkehr treiben und nach ca. 50km wird es langsam ländlich. Sieht man mal von den dichteren Gebieten mal ab, so fährt es sich hier auf dem Land eigentlich ganz gut. Der Verkehr ist zwar dicht und oft kommen uns Fahrzeuge aller Art entgegen, aber alle fahren sehr rücksichtsvoll und wohlwollend. Keine Aggressivität! Es ist mehr die Masse, die es einem schwer macht. Den Höhepunkt erreichen wir am zweiten Tag. Einfahrt in Mathura: Anfangs sind wir auf der Autobahn. Dann kommt die Landstrasse, später die Stadt, immer dichter und dichter. Unvorstellbar. Nochmals: unvorstellbar. Was da abgeht, das kann man sich, wenn man es mit blossen Augen nicht gesehen hat, unmöglich vorstellen. Der Verkehr ist derart intensiv, dass man ganz vergisst, ein Foto zu schiessen. Man denkt gar nicht daran, so konzentriert muss man sein, speziell auf einem Bike mit Clip-Pedalen. Da ist schon einmal die Strasse, die in einem jämmerlichen Zustand ist, meist geteert, aber mit Schlaglöchern durchzogen. Aber das ist völlig unwichtig, weil man die Strasse gar nicht sieht, zu dicht stehen Tucktucks, Velos, Dreiräder, anfangs Autos (später keine Autos mehr, weil zu eng), fahrbare Verkaufsstände mit sich türmenden Waren. Dazu kommen Fussgänger, Polizisten (manche davon versuchen mit viel Aufwand aber vergebens, einen Hauch von Ordnung in diese sich durchdringende Strömungen zu bringen, Soldaten mit Gewehren und aufgesetzten Bajonetten (in diesem Gekneuel völlig unbrauchbar), Kinder (meist aufdringlich bettelnd), Bettler (immer sehr aufdringlich bettelnd), Behinderte (entweder mit allen denkbaren Untersätzen oder sich am Boden wälzend, in allen Fällen bettelnd), ganz wenige Touristen (um genau zu sein ein einziger, den wir nach dem Weg fragen und der uns auch wirklich behilflich ist, da er, wie sich spätrer erweisen wird, der einzige ist, der im selben Hotel wie wir übernachtet). Nicht vergessen wollen wir die Katzen, Hunde, Schweine, Ziegen, Pfaue (zum Glück nicht balzend) heiligen Kühe en masse, Kamele, Elefanten, Affen und Esel. Natürlich sind Strassenschilder hier völlig inexistent, aber darum können wir uns ohnehin nicht auch noch kümmern. Genausowenig wie um die fehlenden Dohlendeckel und den ganzen Abfall am Boden. Manchmal überqueren wir ausrangierte Bahnübergänge, welche völlig ausgewaschen sind und ein echtes Hindernis darstellen. Um Gegensatz dazu die noch betriebenen Bahnübergänge, die kein Hindernis darstellen, weil man ja über die dasuernd geschlossenen Barrieren ja überklettern kann.
Achtung, macht süchtig, aber nichts für Anfänger.

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