Dienstag, 17. November 2009

SA, Tag 114:Pyramid Camp-Toll Camp


Tag 114: 16. November 2009, Toll Camp, Peru, km 09'746

Für heute sind 210km im Truck vorgesehen. Alle eingepfercht in einem Truck zusammen mit allen Bikes, Rucksäcken etc. Nein Danke. Zusammen mit Maxime entscheide ich, diese Strecke als einzige mit dem Bike zurückzulegen. Brisant an der Geschichte ist, dass das Ganze in einem Zug 3200m nach oben geht. Gestern Abend noch haben wir alles vorbereitet und fahren heute morgen um 5.30h, also sobald es hell ist, ab. Gerne hätten wir noch Matheijs mitgenommen, der ist aber gestern nach Lima zurückgefahren, um seine Reisetasche, die dort liegengeblieben ist, zu holen. Nach wenigen km geht es gleich zur Sache. Der Anstieg wird immer steiler und bald fahren wir in unseren kleinsten Gängen. Das Essen, das wir mitgenommen haben (ein paar Brote, Bananen und Energiebars), ist bald aufgegessen und wir fragen nach einem Restaurant. Aber hier gibt es nichts. Das einzige Restaurant, das wir finden, will uns nichts servieren. Es ist wohl zu spät nachmittags. Also fahren wir hungrig weiter, bis wir an einem Kiosk vorbeifahren. Wir kaufen Coca-Cola und … einheimische Erdnüsse, das einzige, das im Kiosk etwas an Energie hergibt. Nach Stunden erreichen wir den Gipfel, den ich weit früher erwartet hätte. Kurz nach dem Gipfel wird mir alles klar. Wir sind nicht 3200 Höhenmeter gefahren, sondern 4200!!! In einem Schnortz!!! In Europa wäre so was unmöglich, und beide sind wir stolz auf unsere Performance. Aber dafür bleibt nicht viel Zeit, denn es ist bereits 17.00h und wir haben erst 125 km zurückgelegt. Es bleiben noch 85km. Wir essen nochmals ein paar Erdnüsse und geben Vollgas. Immerhin legen wir noch bis 18.45h ein paar km zurück (und noch weitere Höhenmeter, so dass wir an diesem Tag ca. 4500 Höhenmeter zurückgelegt haben) und bleiben bei km 160 stehen, weil wir einfach nichts mehr sehen. Die Strasse ist viel zu gefährlich, um im Dunkeln zu fahren. Bei einer Zahlstelle stellen wir unsere Bikes am Strassenrand ab und warten auf eines der Begleitfahrzeuge, dass uns abholen soll, denn am Vortag habe ich vereinbart, dass die TdA uns abholen kommt, wenn wir nicht die gesamte Strecke fahren können. Wir warten also in der Dunkelheit, und es wird immer kälter (wir sind ja auf ca. 3500müM). Es wird immer kälter und wir sind von der Fahrt erschöpft und durchnässt. Bei einer Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt fragen wir den Typ von der Zahlstelle, ob es hier ein Restaurant gibt oder sonst etwas, wo wir Unterschlupf finden könnten. Nein, hier gibt es nichts, in beiden Richtungen geht es mindestens 10km, bis etwas an Zivilisation anzutreffen ist. Ein Telefon, um die Organisation anzurufen, hat er nicht. Dafür bietet er uns Unterschlupf in einer Art Küche an. Aber auch hier ist es eiskalt. Immerhin macht er uns einen warmen Tee und bietet uns Kekse an. Maxime versucht noch, Autos, Busse oder Lastwagen anzuhalten, aber alle fahren weiter, keiner will uns helfen. Wir stecken in der Falle. Hier gibt es nichts, weiter können wir nicht und jemanden benachrichtigen geht auch nicht. Langsam müssen wir auch wahrhaben, dass uns heute niemand abholen wird. Wir sind beide zutiefst enttäuscht, dass man uns so im Stich lässt. Wir holen unsere Bikes vom Strassenrand weg und beraten, was zu tun ist. Wir müssen in diesem verlorenen Ort übernachten, auch wenn wir dabei frieren werden. Wir sind beide in kurzen Hosen und haben über dem Bikeleibchen nur unsere dünne Regenjacke, und wie gesagt, alles ist durchnässt. In der Not fragen wir nochmals den Typ von der Zahlstelle, ob wir hier übernachten können und ob er vielleicht eine Decke hat. Nein, hat er nicht, aber dafür bietet er uns … 2 Betten an. Wir sind völlig überwältigt. Betten, hier, in der Wildnis? Tatsächlich gibt es hier in der Zahlstelle 2 Betten. Damit ist der Plan klar: wir gehen sofort schlafen und morgen um 5.00h fahren wir langsam weiter (wegen der Dunkelheit). Wir müssen so schnell wie möglich ins Camp kommen, um die Reise fortzusetzen. Wenn wir zu spät sind und die anderen bereits abgefahren sind, verlieren wir den Anschluss. Da Maxime ein EFI ist (Every Fucken Inch, also einer, der bisher jeden km mit dem Bike gefahren ist), muss er unbedingt den Anschluss finden, denn ein Nachreisen im Buss/Taxi oder so würde seinen Status als EFI löschen. Wir legen uns also ins Bett. Morgen wird es eiskalt sein, und mit unseren nassen Kleidern werden wir verfrieren. Also lege ich mich mit den nassen Kleidern ins Bett und hoffe, dass sie morgen trocken sein werden. Sogar meine Handschuhe habe ich anbehalten, denn die Finger sind die ersten, die mir bei Kälte zu schaffen machen. Im Normalfall ist es schrecklich, mit nassen Kleidern in ein Bett zu steigen. Unter den heutigen Umständen bin ich sogar glücklich dabei.

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