3. September 2009, Rio Tercero, Argentinien, km 03’819
Tatsächlich sind meine gesamte Ausrüstung und meine Kleider heute morgen weitgehend trocken. „Weitgehend“ bedeutet, dass man z. B. die Bike-Kleider anziehen kann, ohne dass einem die E… abfallen. In der Regel ziehe ich bei Regenwetter immer wieder die alten Kleider vom Vortag wieder an (die ich am Abend selbstverständlich ausspüle). Meist sind sie aber noch nass, so dass einem eben die E… abfallen. Dafür muss man keine nassen Kleider einpacken, die dann die gesamte Ausrüstung nass machen. Bei schönem Wetter, vor allem wenn es dazu noch windet, trocknen die Kleider noch abends oder über Nacht, so dass man am nächsten Tag diese Kleider einpacken und andere anziehen kann.
Ich habe also in der letzten Nacht im grossen Saal geschlafen, und weil alle noch ihr Bike darin untergebracht haben, weckt mich heute morgen Tim um 5.00h, weil er sein Bike rausholen muss. Er ist immer der erste, der morgens aufsteht, aber der letzte, der das Camp verlässt. Dazwischen liegen gut 3 ½ Stunden. Keine Ahnung, was er in dieser Zeit alles macht. Ich bin immer der letzte, der aufsteht. Ich verlasse das Camp auch unter den letzten. Die meisten hohle ich dann auf den ersten km wieder ein. Die schnelleren hingegen sind schwer einzuholen, weil sie natürlich schnell sind, insbesondere bei Rückenwind. Eine kleine Rechnung soll das verdeutlichen. Wenn einer eine ½ Stunde vorher abfährt und 30 km/h fährt, hat er 15 km Vorsprung. Wenn ich mit 32 km/h fahre, brauche ich 7½ Stunden oder ca. 220 km, um ihn einzuholen (er ist somit uneinholbar). Oder: wenn ich jemanden am Horizont mit 5 km Vorsprung sehe und ich nur 1 km/h schneller fahre als er, brauche ich 5 Stunden, um in einzuholen. Solche und ähnliche Berechnungen stelle ich heute an, denn die heutige Fahrt ist wirklich sehr langweilig. Immer noch ist alles flach, und die Strecke ist sehr einfach: raus aus dem Camping, links auf die Hauptstrasse, bei km 39 rechts abbiegen bis zum Hotel Argentina in Rio Tercero. That’s it. Das muss ich nicht aufschreiben, das kann sogar ich im Kopf behalten. Dazwischen gibt es nichts erwähnenswertes. Sogar den Lunch (der sonst immer eine willkommene Abwechslung darstellt, auch wenn die Sandwiches immer gleich aussehen) lasse ich aus. Es ist mir zu kalt und zu nass, um anzuhalten. Dafür gehe ich in Rio Tercero, das ich als erster erreiche, in ein italienisches Restaurant und esse Teigwaren. Ich habe also heute morgen meine Schuhe in die Pedalen eingeklickt und bin 107 km später wieder aus die Pedale rausgeklickt. Ein einziges mal bin ich abgestiegen. Als ich nämlich Jessicas Schlauch gewechselt habe. Mit ihren dünnen Pneus hat sie sich nämlich eine Platten geholt. Ihre Ausrüstung ist definitiv nicht dazu geeignet, in Südamerika Velo zu fahren. Und wenn man ihre sauber manikürierte Fingernägel sieht, dann muss man fast annehmen, dass nicht nur ihre Ausrüstung fehl am Platz ist. Ich helfe ihr also mit ein paar Handgriffen, ihren Schlauch zu wechseln, und fahre im Nieselregen weiter.
Auf meinem Bike fühle ich mich immer wohler. Keine Rücken- oder Nackenschmerzen. Die Kniee sind ok, die Hüften auch. Und seit ich meinen Sattel etwas runtergesetzt habe, haben die Schmerzen in den Fersen deutlich nachgelassen, auch nach einem Tag wie heute (lang, kalt und nass).Morgen sind wir in Cordoba, der 2. grössten Stadt Argentiniens (1.3 Mio Einwohner. Schon mal was von Cordoba gehört?). Dann geht’s in die Berge, das sieht man dem Strassenverlauf auf der Karte sofort an. Fertig tagelang gerade Strassen! Jetzt kommen die Kurven und Höhenmeter.
Freitag, 4. September 2009
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